Der Landesverband Schleswig-Holstein/Hamburg lädt zu seiner 69. Jahrestagung ein, die am 23. November 2024 in alter Tradition in der Akademie Sankelmark stattfinden wird. Mit dem Thema „Werte- und Demokratieerziehung im Deutschunterricht – von Woyzeck bis zur Migrationsliteratur“ wird ein sehr aktuelles Problem in den Mittelpunkt der Tagung gestellt.
Das vollständige Programm sowie Informationen zur Anmeldung können dem Veranstaltungsflyer entnommen werden. Als Hauptreferentin konnte Prof. Dr. Sabine Anselm (LMU München) gewonnen werden, deren Vortragsabstract wir Ihnen hier zur Verfügung stellen:
„Wer mitreden will, muss sprechen können.“ Deutschunterricht und gesellschaftliche Verantwortung
Schule hat die Aufgabe, demokratische Werte wie Meinungsfreiheit, Gleichberechtigung, Rechtsstaatlichkeit, Pluralismus und Menschenrechte zu vermitteln. Dies ist entscheidend für die Zukunft, da junge Menschen so auf ihre Rolle als mündige, engagierte Bürgerinnen und Bürger vorbereitet werden. Dazu müssen Lehrpersonen angesichts großer gesellschaftlicher Herausforderungen in den Klassenzimmern Raum für Debatten und Diskussionen schaffen. Es gilt, eine Balance zwischen eigener Positionierung und der Förderung unabhängiger Meinungsbildung der Schülerinnen und Schüler zu finden. Dieses Ziel erfordert eine solide sprachliche Bildung aller Beteiligten, da nur wer sich klar ausdrücken kann, seine Überzeugungen wirksam vertreten und aktiv am gesellschaftlichen Diskurs teilnehmen kann. Sprechen zu können bedeutet, handeln zu können. In einer zunehmend digitalen Welt ist zudem die Förderung kritischer Medienkompetenz unerlässlich. Soziale Medien entfalten zuweilen unkalkulierbare Wirkungen in einer Scrollgesellschaft, die sich weniger durch Urteilskompetenz als mehr durch schnelle Klicks leiten lässt. Nicht nur Heranwachsende müssen lernen, Falschmeldungen zu erkennen und sich in einer unübersichtlichen Informationswelt fundierte Meinungen zu bilden.
Der Deutschunterricht spielt dabei eine zentrale Rolle, da Sprache sowohl Kommunikationsmittel als auch ein Werkzeug zur Teilhabe an demokratischen Prozessen ist. Ergänzend dazu bietet der Umgang mit literarischen Texten die Chance, Kulturbewusstheit zu entwickeln, was sowohl für die Identitätsentwicklung wie auch für Wertebildungsprozesse von Bedeutung ist. Zunehmend sind didaktische Konzepte gefragt, welche die gesellschaftliche Verantwortung des Deutschunterrichts für Demokratie- und Wertebildung realisieren. Denn Schule ist ein wertvoller Begegnungsort.
Literaturhinweise
- Anselm, Sabine (2023): „Wer mitreden will, muss sprechen können.“ Demokratie- und Werteerziehung (nicht nur) im Deutschunterricht. In: Mitteilungen des deutschen Germanistenverbandes 70. Jg./H. 3, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, S. 221–240.
- Anselm, Sabine (2012): Ethische Bildung durch Wertreflexionskompetenz. Überlegungen zur Werteerziehung (nicht nur im Deutschunterricht). In: Mitteilungen des deutschen Germanistenverbandes 59. Jg./H. 4, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, S. 401–415.