Die Veranstaltungsreihe „Der DGV lädt ein“ wird am 1. April 2022 im Vortragssaal der Württembergischen Landesbibliothek in Stuttgart fortgesetzt. Namhafte Expert*innen sprechen zum Thema „Sprachwandel oder Sprachverfall? Deutschunterricht, Germanistik und die Frage der Sprachnormen“.
Ausgangspunkt ist die Wahrnehmung, dass sich die deutsche Sprache derzeit mit erhöhter Geschwindigkeit verändert. Wenn man das Radio oder Fernsehen einschaltet, eine Zeitung aufschlägt oder im Internet surft, stolpert man recht schnell über Präpositionen, die unkonventionell gebraucht werden, über Pronomen, denen es an einem Bezugswort mangelt, oder über Kommata, die wie willkürlich über den Satz gestreut erscheinen. Das gilt auch für Texte, die von Schüler*innen oder Studierenden – auch solchen der Germanistik – verfasst werden.
Wenn dieser Befund stimmt, steht man als sensible*r Sprachbenutzer*in vor der Frage, wie man sich zu ihm verhält. Nimmt man die beispielhaft genannten und viele weitere Veränderungen einfach nur zur Kenntnis, weil Sprachwandel ein ständig ablaufender und also ganz normaler Prozess ist, oder beunruhigt einen deren Häufung nicht doch? Wenn man den Sprachwandel aber bewertet und ihn so zum Sprachverfall erklärt, stellen sich gleich weitere Fragen: Wer oder was ist für ihn verantwortlich? Will man ihm aktiv entgegentreten? Ja, gibt es nicht sogar eine Verpflichtung, das zu tun? Welche Gründe für oder gegen einen solchen sprachpflegerischen Einsatz gibt es, und wie könnte dieser gegebenenfalls konkret aussehen?
Die genannten Fragen sind durchaus brisant, und zwar in mehrfacher Hinsicht. Zum einen ist der Sprachwandel mittlerweile Gegenstand aufgeregter politisch-kulturkämpferischer Debatten. Zum anderen müssen sich Deutschlehrer*innen und Hochschulgermanist*innen fragen lassen, ob er nicht zumindest in Teilen auch Folge eines institutionellen und vielleicht auch individuellen Versagens auf Seiten der Lehrenden ist. Für eine angemessene, sachliche und konstruktive Diskussion des Themas „Sprachwandel“ mit seinen durchaus heiklen gesellschafts- und kulturpolitischen Implikationen möchte die Veranstaltung eine Grundlage schaffen. Statt also jenen kulturpessimistischen Ton anzuschlagen, der in derartigen Debatten allzu leicht erklingt, ohne dass er in irgendeiner Weise produktiv wäre, wird sie empirische Fakten und historische Hintergründe bereitstellen und es so allen an der deutschen Sprache Interessierten ermöglichen, die Frage „Sprachwandel oder Sprachverfall?“ in fundierter Weise für sich selbst zu beantworten.
Programm
09.00–10.00 Uhr
Dr. Fabian Bross (Universität Stuttgart): „Orthographie im Wandel? Zur Rechtschreibleistung von Lehramtsstudierenden im Fach Deutsch“
10.00–11.00 Uhr
Jun.-Prof. Dr. Jutta Ransmayr (Universität Wien): „Sprachnormen und Korrekturzweifel im Deutschunterricht“
11.00–11.30 Uhr
Kaffeepause
11.30–12.30 Uhr
Dr. Johanna Tausch und Dr. Wintai Tsehaye (Universität Mannheim): „Sprachwandel im Kontext von Migration – innovative Sprachverwendung bei mehrsprachigen SprecherInnen“
12.30–14.00 Uhr
Mittagspause
14.00–15.00 Uhr
Prof. Dr. Jörg Robert (Universität Tübingen): „Sprachreinheit – Geschichte und Gegenwart eines Konzepts“
15.00–15.30 Uhr
Kaffeepause
15.30–16.30 Uhr
Lesung und Gespräch mit Tristan Marquardt
Da die Zahl der Plätze wegen der aktuellen Corona-Verordnung des Landes begrenzt ist, melden Sie sich bitte bei Verena Fiedler zur Veranstaltung an: germ.med@ilw.uni-stuttgart.de. Sie erhalten dann per E‑Mail eine Bestätigung, die Sie bitte zur Veranstaltung zusätzlich zu Ihrem 3G-Nachweis mitbringen. Alternativ können Sie die Veranstaltung digital verfolgen: https://bitbw.webex.com/meet/wlb.