Torsten Mergen be­rich­tet vom 26. Deutschen Ger­ma­nis­ten­tag, der vom 22. bis 25. Sep­tem­ber 2019 in Saar­brücken zum Thema „Zeit“ statt­ge­fun­den hat.

An der Uni­ver­si­tät des Saar­lan­des trafen sich 653 Teil­neh­me­rin­nen und Teil­neh­mer viel­fäl­ti­ger ger­ma­nis­ti­scher Fach­rich­tun­gen und Pra­xis­fel­der, dar­un­ter rund 80 Deutsch­lehr­kräf­te ver­schie­de­ner Schul­for­men, um sich aus fach­wis­sen­schaft­li­cher, fach­di­dak­ti­scher sowie un­ter­richts­prak­ti­scher Sicht mit Fragen zum Rah­men­the­ma „Zeit“ zu be­schäf­ti­gen. Zahl­rei­che Work­shops und mehr als 400 Pa­nel­vor­trä­ge des 26. Deutschen Ger­ma­nis­ten­ta­ges waren kom­ple­xen Fra­ge­stel­lun­gen ge­wid­met, etwa wie „Zeit“ aus dem Blick­win­kel der Grammatik- und Er­zähl­for­schung sprach­lich dar­ge­stellt wird, wie sich die Kon­se­quen­zen feh­len­der Zeit im Deutsch­un­ter­richt in bil­dungs­po­li­ti­scher Per­spek­ti­ve aus­wir­ken oder wie li­te­ra­ri­sche Utopien und Un­ter­gangs­sze­na­ri­en Zukunft imaginieren.

Er­öff­net wurde der Ger­ma­nis­ten­tag, der von der Ersten Vor­sit­zen­den der Gesellschaft für Hochschulgermanistik im Deutschen Germanistenverband, Prof. Dr. Nine Miedema, fe­der­füh­rend or­ga­ni­siert worden war, am 22. Sep­tem­ber 2019 mit einem Vortrag des So­zio­lo­gen Prof. Dr. Hartmut Rosa. In seinem an­re­gen­den, das Pu­bli­kum mit­rei­ßen­den Beitrag stellte der Jenaer For­scher grund­sätz­li­che Über­le­gun­gen zum Thema „All­tags­zeit, Le­bens­zeit, Welt­zeit – eine resonanz- und be­schleu­ni­gungs­theo­re­ti­sche Per­spek­ti­ve auf Li­te­ra­tur und Gesellschaft“ vor.

An den fol­gen­den Tagen wurden in ein­zel­nen Panels in Vor­trä­gen und Work­shops „Theo­rien und Kon­zep­te der Zeit“, „Re­prä­sen­ta­tio­nen der Zeit“, die „Zeit als his­to­ri­sche Ka­te­go­rie“ (unter Im­pli­ka­ti­on chronologisch-kalendarischer Ver­or­tung von Li­te­ra­tur bis hin zur Schöp­fungs­ge­schich­te) dis­ku­tiert. Des­glei­chen wurde der große Bereich der „Zeit als Thema und Motiv“ in un­ter­schied­li­chen Dar­stel­lungs­for­men thematisiert.

Da das Thema „Zeit“ nicht nur Hoch­schul­ger­ma­nis­tin­nen und ‑ger­ma­nis­ten sowie Deutsch­leh­re­rin­nen und ‑lehrer be­schäf­tigt, sondern auch fä­cher­über­grei­fend große Be­deu­tung hat, wurde das fach­wis­sen­schaft­lich aus­ge­rich­te­te Ta­gungs­pro­gramm durch ein um­fang­rei­ches Rah­men­pro­gramm be­glei­tet, das einige Fa­cet­ten dieser The­ma­tik per­spek­ti­visch her­aus­stell­te. Am 23. Sep­tem­ber las die Autorin Esther Kinsky im Saar­län­di­schen Staats­thea­ter aus eigenen Werken zum Thema „Zeit“. In zwei pro­mi­nent be­setz­ten bildungs- und wis­sen­schafts­po­li­ti­schen Po­di­ums­dis­kus­sio­nen wurden am 24. Sep­tem­ber 2019 die Themen „Zeit für Bildung“ sowie „Der Weg zur Pro­fes­sur. Die Si­tua­ti­on des ger­ma­nis­ti­schen Nach­wuch­ses“  unter leb­haf­ter Be­tei­li­gung des Au­di­to­ri­ums de­bat­tiert. Zu­gleich hatten die Teil­neh­men­den der Tagung die Ge­le­gen­heit, im Rahmen einer  Pla­kat­aus­stel­lung die Sie­ger­ge­dich­te des dies­jäh­ri­gen „Wortsegel“-Wettbewerbes zu stu­die­ren, eines Schreib­wett­be­werbs für Schü­le­rin­nen und Schüler im Saar­land. Die 15 an­spre­chend ge­stal­te­ten DIN A2-Plakattafeln mit Schü­ler­tex­ten zum Thema „Zeit“ waren ein Hin­gu­cker während der Tagung. Au­ßer­dem er­hiel­ten die Ta­gungs­teil­neh­mer die Er­geb­nis­bro­schü­re des „Wortsegel“-Wettbewerbs.

In­so­fern bot der Ger­ma­nis­ten­tag nicht nur für Wis­sen­schaft­le­rin­nen und Wis­sen­schaft­ler, sondern auch für Lehr­per­so­nen, Re­fe­ren­da­re sowie Lehr­amts­stu­die­ren­de eine Platt­form, ihre Kennt­nis­se und Er­fah­run­gen aus­zu­tau­schen. Dies wurde spe­zi­ell für Lehr­kräf­te durch viel­fäl­ti­ge An­ge­bo­te ver­tieft, die der Lehr­stuhl der Deutsch­di­dak­ti­ke­rin und Ex­per­tin für di­gi­ta­le Bil­dungs­an­ge­bo­te, Prof. Dr. Julia Knopf von der Uni­ver­si­tät des Saar­lan­des, im Rahmen des 4. Saar­län­di­schen Deutsch­leh­rer­ta­ges anbot. Als or­ga­ni­sa­to­ri­sche In­no­va­ti­on wurde nämlich der Deut­sche Ger­ma­nis­ten­tag ge­mein­sam mit dem Saar­län­di­schen Deutsch­leh­rer­tag durch­ge­führt, um einen ver­tief­ten pra­xis­ori­en­tier­ten Dialog zwi­schen Wis­sen­schaft und Schule zu er­mög­li­chen. Be­glei­tet wurde der Ger­ma­nis­ten­tag ferner von zahl­rei­chen Ver­la­gen, die an Bü­cher­ti­schen brand­neue For­schungs­li­te­ra­tur aus wis­sen­schaft­li­cher und di­dak­ti­scher Sicht präsentierten.

Un­ab­hän­gig davon war der 26. Deut­sche Ger­ma­nis­ten­tag aber auch ein Ort von Mit­glie­der­ver­samm­lun­gen: Sowohl die Gesellschaft für Hochschulgermanistik als auch der Fachverband Deutsch ver­ab­schie­de­ten ihre bis­he­ri­gen Vor­stän­de und wählten neue Vor­stands­mit­glie­der für die nächste Amts­pe­ri­ode: Die Mit­glie­der­ver­samm­lung des Fach­ver­bands Deutsch dankte Dr. Beate Kennedy, Barbara Jessen und Dr. Anke Em­min­ger für den viel­fäl­ti­gen und zeit­in­ten­si­ven Einsatz im In­ter­es­se der Deutsch­lehr­kräf­te und für die An­stren­gun­gen für eine zeit­ge­mä­ße Ver­bin­dung von Fach­un­ter­richt und Ger­ma­nis­tik. Der neue Vor­stand aus dem Bun­des­vor­sit­zen­den Chris­ti­an Plien, Dr. Torsten Mergen (2. Vor­sit­zen­der), Mareike Görtz (Schrift­füh­re­rin) und Marc Oliver Li­li­en­thal (Schatz­meis­ter) konnte auf der Basis der von der Mit­glie­der­ver­samm­lung be­schlos­se­nen Sat­zungs­än­de­run­gen bereits in Saar­brücken die Arbeit aufnehmen.

Im Er­geb­nis werden si­cher­lich viel­fäl­ti­ge Ein­drü­cke und (Forschungs-)Ergebnisse des 26. Saar­brü­cker Ger­ma­nis­ten­ta­ges in Er­in­ne­rung bleiben. Die Viel­falt der Themen, der an­re­gen­den Vor­trä­ge und der Dis­kus­sio­nen wird für alle, die sich für Li­te­ra­tur, Sprache und ihre Ver­mitt­lung in­ter­es­sie­ren, nach­wir­ken. Bleibt noch, den zahl­rei­chen Re­fe­ren­tin­nen und Re­fe­ren­ten, dem Or­ga­ni­sa­ti­ons­team sowie den vielen flei­ßi­gen Hel­fe­rin­nen und Helfern für diesen span­nen­den und er­kennt­nis­rei­chen Kon­gress und die rei­bungs­lo­se Durch­füh­rung zu danken.

2022 wird dann an der Uni­ver­si­tät Pader­born der 27. Deut­sche Ger­ma­nis­ten­tag statt­fin­den. Man darf auf das Rah­men­the­ma ge­spannt sein.